Beim morgentlichen Kaffee berichtet mir ein Grazer Bürger von der Bürgerbeteiligung "Smart City Waagner-Biro". Er war als Betroffener involviert, und wollte sich als Stellvertreter für eine Randgruppe einbringen.
Schon während des Prozesses beschlich ihn jedoch das Gefühl, hier seine Zeit zu verschwenden. Ergebnisse gab es keine, auch konstruktive Einwände schienen ignoriert
zu werden. "Völlig sinnlos!" war sein Kommentar, so viel zu dem was bei den "Bürgern" ankommt.
Mein offizielles Tagesprogramm Nr. 2 startete um 11:00 mit dem Workshop
"Nachhaltiges Bauen versus Wirtschaftlichkeit"
Frank Junker, CEO des großen Frankfurter Wohnbauträgers "ABG" berichtet über ca. 2.500 im Passivhausstandard umgesetzte Wohneinheiten. Die Herstellungskosten lagen im Schnitt 5-8% über den konventionellen Projekten. Die Einsparungen bei den Heizkosten 8,5l Heizöl / m² Nutzfläche und Jahr, bei einer 70m² Wohnung also immerhin rund 600,-- im Jahr. Leider blieb für Fragen zu wenig Zeit.
Das Passivhaus wird ja sehr kontrovers diskutiert, z.B. Arch. Dietmar Eberle : "Das ist alles sinnlos".
Mich hätte interessiert wie es denn mit den Erfahrungen der ABG bei den Betriebskosten aussieht, die ja in etwa eine Gesamtenergiebilanz wiedergeben. Nach einer aufsehenerregenden Studie der "GWW" in Wiesbaden liegen diese gleich auf mit den konventionellen Häusern. Das übergeordnete Ziel, den CO² - Emissionen zu verringern kann so NICHT erreicht werden.
Herr Andreas Köttl von der "Value One" aus Wien berichtete über die Quartiersentwicklung "Viertel Zwei". Hr. Köttl zeigte die pragmatischen Zugänge eines privaten Bauträgers für eine nachhaltige Projektentwicklung auf, gilt es doch eine komplexe Querschnittsmaterie zu beherrschen, und nicht auf irgendwelche EU-Förderungen zu schielen.
Denn ein übergeordneten Ziel der Nachhaltigkeit gibt es weder Mietrechtsgesetz, Wohnungseigentumsgesetz , Heizkostenabrechnungsgesetz oder Energie-Control-Gesetz.
Herr Alexander Pongraz und Ewald Hasler berichteten über den Zwischenstand einer Studie der Joanneum Research über nachhaltige Fassadensysteme, die noch in diesem Jahr fertiggestellt werden soll. Die bereits publizierten Probleme der VDWS-Fassaden (Brandhemmer, Fungizide, Verklebungen, Halbarkeit) werden sich laut Herrn Hasler bestätigen. Man darf gespannt sein, welches Fassadensystem sich als "Nachhaltig" bezeichnen darf. Die Studie soll veröffentlicht werden, Erscheinungstermin ist voraussichtlich Juni 2016.
Die Referenten überzogen leider ihre Redezeiten maßlos, dies hätte sich durch eine inhaltliche Koordinierung ihrer sehr ähnlichen Einleitungen leicht vermeiden lassen. So begann dann das letzte Referat leider erst zum Beginn der Mittagspause.
Architekt Simon Speiger (SPS-Architekten) aus Salzburg referierte über das in seinem Büro entwickelte Holzmodulsystem. Bei günstigen Baukosten von € 1.600,-- /m² Nutzfläche ist es möglich, sehr flexible Gebäudestrukturen in Holz umzusetzen. Das Büro ist mit einem umgesetzten Pflegeheim den Beweis angetreten. Das Bauwerk könnte auch z.B. in ein Hotel oder eine Unterkunft für Flüchtlinge umgenutzt werden, und ein Abbau und Aufbau an einem anderen Ort liese sich wirtschaftlich darstellen. Das Büro hat allerdings auch die Erfahrung gemacht, dass nachhaltige Lösungen einen höheren Planungsaufwand bedeuten, der nicht von allen Bauherren gerne honoriert wird.
Zum Abschluss brachte Herr Speiger ein Fazit eines seiner einsichtigen Bauherren, sinngemäß:
"Das Wertigste hat sich noch immer als das Günstigste herausgestellt!"
Am Nachmittag war ich für den Workshop
"Wie Bürgerbeteiligung gelingen kann"
von Frau Rita Trattnig angemeldet.
Frau Trattnig führte mit der Gruppe von ca. 60 Teilnehmern gleich einen exemplarischen Prozess einer Bürgerbeteiligung durch.
Es meldeten sich 12 Teilnehmer für ein "Konferenz-Setting", diese nahmen in der ersten Stuhlreihe Platz, ich war dabei.
Es folgte eine Themensammlung, hernach eine Themenauswahl mittels Punktesystem. In diesem Setting wurde der Themenvorschlag "Schwer erreichbare Randgruppen für eine Bürgerbeteiligung gewinnen" ausgewählt.
Aus dem ca. 90 Minuten habe ich folgende Antworten mitgenommen:
-
Die Moderation muss neutral sein und professionell gemacht werden
- Die Möglichkeiten und Ziele einer Bürgerbeteiligung müssen transparent gemacht sein
- Alles Bedenken sollen weiderholt und aufgeschrieben werden
- Es muss für Schwache gegenüber Vielrednern interveniert werden
- Jeder Beteiligte muss von seinem Standpunkt abgeholt werden
- Es nach einem klaren Strukturierungsprozess vorgegangen werden
- Es ist seitens der Moderation nach einem bzw. dem Konsens zu suchen
Die "Urban Future" endet sehr unspektkulär um 16:30.
URBAN FUTURE 2016 - Meine Quintessenz:
Die Urbane Zukunft liegt in einer nachhaltigen Stadt- und Immobilienentwicklung, - diese kann weder verordnet , noch mit der Gießkanne gefördert werden.
Sie wird nur durch eine bewußte Re-Organisation von unseren rechtlichen, sozialen und kulturellen System gelingen können.
Mit diesen und anderen Gedanken machte ich mich auf die 6h Bahnfahrt nach Innsbruck...